"Man hat sich für die Hyakunin Isshu ein Kartenspiel ausgedacht, das da wäre Karuta", machte ich mit meiner Erzählung weiter. "Das Prinzip: Ein Vorleser liest den ersten Vers von einer der Gedichte vor und man muss sich so schnell wie möglich den zweiten Vers nehmen, der sich auf einem Spielfeld mit 50 Karten befindet. Ein sehr spannendes und nervauftreibendes Spiel, wie ich zugeben muss. Merkfähigkeit und Reflexe sind gefragt."

Was zu Henker höre ich mir hier überhaupt an? Und es gibt noch mehr Leute die sowas... Ich machte eine wage Handbewegung. ...mitmachen?

"Aber natürlich!", meinte ich mit mädchenhafter Begeisterung und sah ihn mit leuchtenden Augen an. "Auch wenn ich bisher nur wenige begeistern konnte..."

Also mich wundert das ja jetzt nicht. Ich beschloss nichts zu sagen, da Akio gar so begeistert wirkte und ich das nicht dämpfen wollte. Ich war ja per se kein schlechter Mensch. Ich fürchte da bist du bei mir auch falsch. Aber willst du mir nicht eins der Gedichte vorsagen, oder so? Warum ich das fragte? Naja, auf jeden Fall nicht weil es mich interessierte, aber vielleicht weil es mich freute, dass es hier jemanden mit so einer Freude an einer Sache gab, ähnlich wie bei May.

"Aber mit Vergnügen", stimmte ich lächelnd zu und räusperte mich kurz, bevor ich das Gedicht N° 61 rezitierte. " Die achtfach gefüllten Kirschblüten
aus der früheren Hauptstadt Nara – blüh’n sie nicht herrlich jetzt neunfach hier, im kaiserlichen Palast?" Ich machte eine kurze Pause, um die Wirkung des Gedichtes länger behalten zu können. "Ein wunderbares Gedicht über den Frühling, nicht wahr?"

Ich kratzte mich am Kopf und sah selbst unter meiner Maske noch verwirrt drein. Das war ein Gedicht? Ich dachte Gedichte reimen sich.

"Eine nicht selten gestellte Frage", merkte ich an. "Nein, das ist nicht zwingend. Bei dem Gedichten, in der Poesie, geht es um den Ausdruck der Gefühle und Gedanken des lyrischen Ichs."

Warum habe ich überhaupt gefragt. Ich hob ergeben beide Hände. Okay, ich gebe es auf. In diesem Leben werde ich das nicht mehr verstehen. Wie auch immer, wir müssen jetzt weiter, irgendwer muss diese Insel mal genauer unter die Lupe nehmen.

"Ach, das ist hier eine Insel?", fragte ich interessiert nach und sah mich wieder begeistert um. Meine Enttäuschung, dass Poesie nicht seine Welt war, war schnell vergessen. "Wie groß ist die Insel denn?"

Ich war schon losgegangen, als ich Akios Stimme hörte und über die Schulter zu ihm zurück sah. Genau das wollen wir jetzt rausfinden. Rambo hat ziemlich lange für die Umrundung gebraucht. Ich schätze, dass sie recht groß ist. Damit ging ich auch schon wieder los.

Ich machte mich daran, ihm zu folgen. "Und was für eine Topografie besitzt diese Insel?", machte ich mit meinen Fragen weiter, da ich als Forscher und Archäologe sowas natürlich wissen musste. Deswegen hatte ich auch bereits ein Notizbuch und einen Stift aus der Manteltasche gezogen.

Weiß ich auch noch nicht, wir sind erst Gestern hier gelandet und die Topografie ist weniger das worauf ich hier achte. Ich sah mehr nach Möglichkeiten für Stützpunkte, Versorgung und vielleicht sogar die Möglickeit ein Gefährt zu bauen um hier runter zu kommen. Kenne das Terrain und kenne deinen Feind.

"Und was für Klimazonen gibt es?", fragte ich dennoch, während ich mir Notizen dazu machte, dass nichts klar war und zu dem, was ich sah.

Das finden wir jetzt heraus. Ich seufzte und sah zu Akio zurück. Willst du bei dieser kleinen Expedition mitmachen?

"Aber natürlich", meinte ich mit energischem Nicken.